Menschenbilder – Bildermenschen
Für die Realisierung des fotografischen Projektes „Menschenbilder – Bildermenschen“ erhielt Wolfgang Zurborn 1985 das Otto-Steinert-Stipendium der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh)
Auszug aus dem Konzept zur Serie:
Die Bilderwelt, von den verschiedenen Medien, besonders aber von Film und Fernsehen, verbreitet, übt durch ihre Allgegenwärtigkeit, mit der sie uns im Alltag begegnet, einen ungeheuren Einfluss auf den Menschen aus. Die Menschenbilder, die von ihr verbreitet werden, die Idole, die sie aufbaut, sind meist nur noch synthetische Produkte, eine Ware, die auf ihre Medienwirksamkeit hin geprüft wurde. Bilder haben dabei nicht mehr die Funktion, ein Abbild des Menschen zu schaffen, gesellschaftliche Wirklichkeit zu dokumentieren oder zu analysieren,
werden kann, da sie unser Unterbewusstsein so sehr besetzt hat, dass sie für uns existenter ist als die Wirklichkeit selbst. Mit diesem Bewusstsein erfasse ich in meinen Fotografien Situationen des alltäglichen Lebens, die die Verflechtung der alltäglichen Bildzeichen der Medien mit unserem realen Leben verdeutlichen.
Die im Rahmen des Stipendiums entstandenen Fotografien wurden zum ersten Mal 1987 im Museum Folkwang in Essen gezeigt und wurden danach noch in mehreren internationalen Ausstellungen präsentiert: 1993 in der Blue Sky Gallery in Portland, USA, 1994 in Odense und Copenhagen-Hellerup, Dänemark.
Einzelausstellungen | ||
---|---|---|
1997 |
ART NTC Doppelausstellung Wolfgang Zurborn - Fotografische Arbeiten, Justus Mandelaub - Gemälde Neurologisches Therapiezentrum, Köln, Deutschland | |
1994 |
Fotografien 1986-1993 Gentofte Hovedbibliotek, Copenhagen-Hellerup, Dänemark | |
1994 |
Fotografien 1986-1993 Museet for Fotokunst, Odense, Dänemark | |
1993 |
Fotografien 1986-1991 Blue Sky Gallery, Portland OR, Vereinigte Staaten | |
1991 |
Fotografien 1986-1991 Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig, Deutschland (Katalog) | |
1991 |
Fotografien 1986-1991 Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum, München, Deutschland | |
1991 |
Fotografien 1986-1991 Centrum Industriekultur, Nürnberg, Deutschland | |
1988 |
Menschenbilder-Bildermenschen Fotogalerie im Wedding, Berlin, Deutschland | |
1987 |
Menschenbilder-Bildermenschen Museum Folkwang, Essen, Deutschland |
Gruppenausstellungen | ||
---|---|---|
2017 |
Um ein Haar mit Stefanie Minzenmay Studio Bronx, Neuss, Deutschland | |
1998 |
Otto-Steinert-Preisträger Meeting Point der DGPh, Int. Photoszene Köln, Deutschland | |
1997 |
Otto Steinert - Preisträger Ausstellung mit Arbeiten von Hermann Stamm, Heiner Blum, Thomas Deutschmann, Jürgen Hocke/Gabi Winkler, Andreas Horlitz, Holger Stumpf, Thomas Bernd, Wolfgang Zurborn, Ulrich Görlich, Stefan Dolfen, Gerard Saitner, Jitka Hanzlova und Arwed Messmer Fototage Herten, Deutschland | |
1990- 1992 |
Children in Photography 150 Years Dalhousie Art Gallery Saidye Bronfman Centre, Memorial University Art Gallery, Winnipeg Art Gallery, Koffler Art Gallery, Art Gallery of Hamilton, Vancouver Museum, Glenbow Museum und Edmonton Art Gallery, Vereinigte Staaten (Katalog) | |
1989 |
Karneval Galerie Lichtblick, Köln, Deutschland | |
1989 |
Köln-Wien Ausstellung mit Arbeiten von Rosy Beyelschmidt, Gerd Bonfert, Susanne Brügger, Michael Hooymann, Ralf Kietz, Roger Lips. Josef Scherrer, Josef Snobl, Ulrich Tillmann und Wolfgang Zurborn Fotogalerie Wien, Österreich (Katalog) | |
1989 |
Prospect Photographie Ausstellung u.a. mit Richard Avedon, John Baldessari, Bernhard Johannes Blume, Christian Boltanski, Bernhard Faucon, Alfredo Jarr, Ken Lum, Sally Mann, Robert Mapplethorpe, Duane Michals, Thomas Struth, Wim Wenders, Joel Peter Witkin und Wolfgang Zurborn Frankfurter Kunstverein, Frankurt, Deutschland (Katalog) | |
1987 |
3 und 1 im Sinn mit Susanne Brügger, Ingo Taubhorn und Piet Wessing PPS. Galerie F.C. Gundlach, Hamburg, Deutschland | |
1986 |
50 Jahre moderne Farbfotografie 1936-1986 Photokina, Köln, Deutschland (Katalog) | |
1986 |
3 und 1 im Sinn mit Susanne Brügger, Ingo Taubhorn und Piet Wessing Galerie Lichtblick, Köln, Deutschland |
Rezensionen
Wolfgang Zurborn
von Niko Havranek & Sebastian Gansrigler

Interview von Niko Havranek & Sebastian Gansrigler mit Wolfgang Zurborn auf 28 Seiten mit 24 Abbildungen aus den Serien “Vorgarten der Illusionen”, “Menschenbilder-Bildermenschen”, “LUsionen”, “dressur real”, “Im Zentrum der Geschwindigkeit”, “Drift”, “Catch”, “Mitten im Westen” und “Karma Driver”
Momentaufnahmen aus dem Alltag
von Helga Bittner

Die hohe Kunst der Augentäuschung
von Sylvia Staude

Als wär's ein Gemälde von Jeff Koons
von Eugen El

Nach dem Preis
von Inga Schneider

Der Mensch in der Masse
von Helmut Kronthaler

Getto und Masse
von Hans-Peter Klatt

Irritierender Foto-Kontrast
von Michael Becker

Welterfahrung aus zweiter Hand
von Barbara Reitter

Neuer Anfang in Unberührtheit und Naivität
von Martin Tschechne

Prospect Photographie
von Christian Huther

Massen, Menschen, Monster
von Manfred Krause

Neue Fotos für neue Sehgewohnheiten
Drei jungen Fotografen gibt F.C. Gundlach in seinem „Bunker“ Raum für eine gemeinsame Installation: Susanne Brügger (27) , Ingo Taubhorn (30) und Wolfgang Zurborn (31) wollen mit ihren Arbeiten Wahrnehmungsnormen brechen. Schon die Art der Präsentation ist ungewöhnlich. Die Künstler haben ihre Fotos so an den Wänden angebracht, daß sie aufeinander Bezug nehmen.
An der Stirnseite der PPS.Galerie hat Susanne Brügger ihre Portraits in Szene gesetzt: Sensibel beobachtete Aufnahmen von Frauen- und Männerköpfen bilden assoziative Brücken zu Portraits aus Foto-, Film- und Kunstgeschichte, Amateurfotografie und Werbung.
Ingo Taubhorn interveniert mit seinen Männerakten gegen Sehgewohnheiten und Normen. In ihrer Nacktheit sind die Menschen oft im Umfeld Schlafzimmer festgehalten, bloß und frei von jeder Schale. So direkt und unmittelbar diese Bilder wirken, so plakativ wird das Äußere für die Seele der Modelle. Auf Effekthascherei kam es dem jungen Fotografen dabei nicht an.
Alltagsszenen auf offener Straße hat Wolfgang Zurborn mit der Kamera festgehalten. Großveranstaltungen wie z,B, der Karneval waren ihm Anlassen, einzelne Gesichter unter die Lupe zu nehmen. Vor dem Hintergrund der Massen erscheint das Individuum isoliert. Die farbigen Großformate unterstützen in ihrer Buntheit die Umsetzung des Themas.
Die Installation will dem Besucher neue Aspekte der Wahrnehmung nahebringen. In Beziehung zu den Arbeiten der dre Fotografen setzte Piet Wessing ein Hörstück aus Musikzitaten und Alltagsgeräuschen: Akustische und visuelle Reize treffen zusammen. Folgerichtig heißt die Ausstellung 3 und 1 im Sinn (bis 12.12, Hochhaus 1/Feldstraße)
Dortmunder Fotograf Wolfgang Zurborn erhielt den Otto-Steinert-Preis zuerkannt

Banale Bilder
von Jo Wüllner

Stipendium Otto-Steinert-Preis: Menschenbilder - Bildermenschen
von Petra Olschewski

Menschenbilder – Bildermenschen
von Jan Thorn Prikker

Menschenmengen haben es dem Kölner Fotografen Wolfgang Zurborn angetan. Seine großformatigen Farbfotografien (80 x 100 cm) waren 1987 im Essener Folkwang-Museum, 1991 in Einzelausstellungen im Münchner Stadtmuseum und im Nürnberger Centrum Industriekultur zu sehen. Sie haben dem 37jährigen Fotografen einen guten Ruf in der zeitgenössischen deutschen Fotoszene eingetragen.
Wolfgang Zurborn hat einen ganz eigenständigen Fotostil entwickelt, der fotodokumentarische Aspekte mit einer ausgeprägt subjektiven Sehweise kombiniert. Seine Farbaufnahmen sind randvoll mit Gegenwart beladen. Sie bersten vor Buntheit, sind mit Gesten exaltierter Vitalität und Aktion geradezu überfüllt.- Menschen mitten aus Menschenmengen heraus gesehen. Karneval, Straßenfeste, die künstlichen Welten von Freizeitparks, Open-Air-Festivals oder Sportplätze bieten die Anlässe bei denen sich der Fotograf mit seiner Kamera mitten unter die Menschen begibt.
Stilistisch sind die Aufnahmen von Wolfgang Zurborn durch die ungewöhnliche Verwendung des Weitwinkelobjektives aus naher Distanz erkennbar. Daß er seine Fotografien auch bei Tageslicht zumeist blitzt, verleiht ihnen eine hyperreale Künstlichkeit. Das Blitzlicht löst die tiefenräumliche Perspektive zugunsten einer überscharf konturierten Flächigkeit auf. Es zieht den Bildvordergrund und Bildhintergrund unwirklich zusammen. Plötzlich erscheint die Wirklichkeit wie eine Collage nicht zueinanderpassender Zufälligkeiten.
Obwohl, die Menschen auf diesen Bildern nie allein auftauchen und auch fast immer aus nächster Nähe fotografiert werden, scheint nie jemand den Fotografen entdeckt zu haben. Sie haben so mit ihrer Selbstbehauptung im Dschungel aus Gesten und Aktion zu kämpfen, daß ihnen keine Zeit bleibt aufmerksam zu registrieren, was mit ihnen geschieht. Man meint geradezu die hysterischen Geräuschkulissen noch hören zu können, die über vielen der eingefangenen Szenen gelegen haben müssen. Vielleicht erhalten die Szenen dieses absurden Theaters auch deshalb ihren surrealen Effekt, weil ihrem eingefrorenen hypermotorischen Treiben in Fotoform jeglicher Ton fehlt.
Ein starkes Element durch das diese Farbfotografien wirken, ist ihre synthetische Farbigkeit. Es ist eine Art kollektives, farbiges Feiertagsoutfit, ein alles beherrschender Freizeitlook, der noch den unförmigsten Körper in Kleider zwängt mit denen Athleten Siegerpodeste besteigen könnten. In den Kulissen dieses Endlos-Theaters blättert nirgends der Lack ab. Eine bunte Fröhlichkeit uniformiert die Menschen und zeigt sie zugleich eingetaucht in ein Meer aus Fremdheit. Man kann sich nur wundern, wieviel Distanz diese Fotos im engen Rahmen ihrer Bildausschnitte unterzubringen wissen.
Wolfgang Zurborns Fotografien tendieren trotz dokumentarischer Züge zur Collage. Ihr Formchaos und Farbreichtum neigt dazu, sich zu verselbständigen. Da wundert es gar nicht, daß der Fotograf in seinen neueren Arbeiten streifenförmige Bildsäulen aus mehreren aneinander gefügten Aufnahmen zusammengestellt hat. Sie arbeiten mit der Tendenz zum Chaotischen und steuern ihm durch Form- und Farbkomposition entgegen. Das Dokumentarische ist nur noch als Rest bei genauem Hinsehen erkennbar. In diesen neuen Fotoarbeiten ist der Übergang von einer subjektiv-dokumentarischen Fotografie zur freien künstlerischen Fotografie endgültig vollzogen.